Wie läuft eine Auflösung einer Erbengemeinschaft ab, wenn Immobilien im Spiel sind?
Zwei grundsätzliche Möglichkeiten:
- Die Erben verständigen sich auf eine Aufteilung des Nachlasses. Das Ergebnis dieser Verständigung wird vertraglich festgehalten, man nennt das Erbauseinandersetzung. Da Immobilien Teil der Erbmasse sind, muss dieser Vertrag notariell geschlossen werden.
- Die Erben können sich nicht verständigen. Es kommt dann zu einer Zwangsversteigerung der unteilbaren Vermögenswerte. Der Erlös abzüglich der Kosten wird dann aufgeteilt. Real teilbare Vermögenswerte (z.B. Bankguthaben, Bargeld, ...) müssen natürlich nicht versteigert werden - sie werden direkt aufgeteilt.
Es wäre vielleicht noch darauf hinzuweisen, dass sämtliche Mitglieder einen Rechtsanspruch auf Auflösung der Erbengemeinschaft haben.
Ich habe keinen Anspruch, darauf eine erschöpfende Antwort zu geben. Dafür ist mir die Sache erstens zu vage und zweitens wäre sie selbst mit mehr Details zu komplex für eine einfache Antwort. Ich beschränke mich auf ein paar Gedanken, die mir spontan einfallen:
Mein erster Rat wäre, dass du dir
sehr genau anschaust, was du da eigentlich geerbt hast. Gelegentlich erzähle ich hier die Geschichte von einem Bekannten, der von seinem Vater ein kleines Immobilienimperium geerbt hat. Zu Lebzeiten hat man darüber nicht geredet, unmittelbar nach dem Tod hatte man andere Sorgen, irgendwann kam dann die Erkenntnis: Die "Erbschaft" ist ja gar nichts wert! Alles ist kreditfinanziert, eine wirkliche Tilgung hat nie stattgefunden, diverse Problemmieter im Bestand, mit denen man sich nicht streiten wollte, deutlich von der Substanz gelebt, die zunehmend sanierungsbedürftig wird. Der Vater hat eben von der freien Liquidität gelebt und sein Leben genossen. Der Sohn stand dann plötzlich mit einem Geschäftsmodell da, das nicht mehr so richtig funktioniert hat, diverse Baustellen, kaum eigenes Kapital, null Erfahrung. Nachdem er die Sache nach rund 2 Jahren weitgehend unter Kontrolle hatte - Verbraucherinsolvenz gab es damals nicht - hat sich seine Frau scheiden lassen. Wer hätte das auch gedacht: Zwei "Jobs" (und nichts anderes ist die Vermietung einer mittleren zweistelligen Anzahl von Wohnungen) zu haben, von denen einer viele graue Haare und kein Geld bringt, ist nicht so gut für die Beziehung.
Schau dir an, was die Immobilien wert sind. Laufen noch Kredite? Restschuld, Laufzeit, Konditionen? Wie ist der Zustand, was steht in absehbarer Zukunft an? Gibt es laufende Streitigkeiten mit Mietern? Das sind alles sehr wichtige Fragen für die Beurteilung
- welcher Betrag angemessen sein könnte, um X auszuzahlen und
- ob man sich das insgesamt überhaupt antun möchte.
Mein zweiter Hinweis: Verträge innerhalb der Familie sind immer so eine Sache. Man sollte ja meinen, dass man sich innerhalb der Familie vertrauen kann, aber bei Geld eben immer wieder nicht nur die Freundschaft auf, sondern auch in der Familie muss man sich da gelegentlich um eine etwas objektivere Haltung bemühen. Dass es um solche Erbauseinandersetzungen Streit gibt, ist alles andere als ungewöhnlich. Dass es keinen (offenen) Streit gibt, aber eine der Seiten wirklich sauber über den Tisch gezogen wird, ist ebenfalls nicht ungewöhnlich. Klar, es kann alles gut gehen, aber wenn es vermeintlich um's große Geld geht, legen manche Leute alle Hemmungen ab.
Tipp 1 sollte dir schon eine ungefähre Vorstellung mitgeben, wo eine angemessene Ausgleichszahlung ungefähr liegen könnte. Auch die fairste Zahlung aller Zeiten musst du dir aber erst einmal leisten können. Es ist möglich, dass du dazu selbst einen Kredit aufnehmen musst. Das ist nicht zwingend ein Problem, wenn man völlig unbelastete, gut verwaltete Immobilien hat, aber man muss die eigenen finanziellen Möglichkeiten eben realistisch einschätzen. Nicht vergessen: X hat danach einen Haufen Bargeld und ist aus den Folgeproblemen raus. Wenn du die Immobilien übernehmen möchtest, sind alle offenen Baustellen nach der Auseinandersetzung
dein Problem.
Ist eine angemessene Zahlung nicht zu leisten, können die notwendigen Mittel aus einem Teilverkauf (d.h. man verkauft z.B. eine Immobilie und behält den Rest) freigemacht werden.
Dritter Hinweis:
Wenn ich nun Besitzer einer Immobilie bin mit vermieteten Wohnungen ohne Hausverwalter oder anderen Eigentümern, was sind meine ersten Schritte? Was kommt auf mich zu?
(Davon abgesehen, dass du Eigentümer bist, nicht Besitzer - das sind die Mieter.)
Die unmittelbaren Maßnahmen sind zu ergreifen:
- Mieter über den Eigentümerwechsel informieren, neue Bankverbindung mitteilen, falls nicht bestehende Konten weitergenutzt werden, Zahlungseingänge kontrollieren.
- Laufende Vertragsverhältnisse systematisch erfassen: Kredite, Versicherungen, diverse Dienstleistungsverträge (Gebäudereinigung, Gartenpflege, Winterdienst, ...), Betriebskosten (Miete Zähler, Abrechnungsservice Heizkosten, ...), Versorger (Strom, Gas, Wasser, ...), Angestellte? Wenn es keine geordneten Unterlagen gibt und man alles rekonstruieren muss (was bereits eine Warnsignal ist), liefern alte Kontoauszüge häufig gute Anzeichen, mit wem Verhältnisse bestanden.
- Schnell eine funktionierende Verwaltung aufbauen. Wer kümmert sich um die alltäglichen Dinge? Gibt es Hausmeister? Wer stellt die Mülltonnen raus? Wer putzt das Treppenhaus? Wer bestellt Heizöl? Solche Dinge. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass man ohne Vorerfahrungen aus dem Stand so etwas für mehrere Häuser aufbaut. Daher würde ich zumindest vorläufig eine Verwaltung zwischenschalten, zumindest bis man selbst in der Lage ist, das zu übernehmen.
Letzter Tipp: Willst du Vermieter sein? Ist dir klar, was das bedeutet, womit man sich dann befassen darf und wie das insgesamt abläuft? Meine Meinung ist, dass die Vermieterei zu viele unangenehme Seiten hat, um das "einfach so" zu machen, aus Pflichtgefühl gegenüber dem Erblasser (oder auch zu Lebzeiten z.B. gegenüber den Eltern) oder aus gefühlter Alternativlosigkeit. Trotz diverser medialer Panik sind Immobilien nach wie vor sehr gut verkäuflich, vor allem wenn man sich ein wenig Zeit für einen freihändigen Verkauf lässt. Den Verkaufserlös kann man dann gut in weniger arbeitsintensive Geldanlagen stecken. Mein Eindruck ist immer wieder, dass viele Erben damit besser beraten wären, als eine de-facto-Selbständigkeit des Erblassers fortzuführen.