Hallo,
hierzu ein Urteil:
NWB direkt Nr. 27 vom 04.07.2005 - 5 -
Schuldzinsenabzug bei teilweise vermietetem Gebäude
Strenge Kontentrennung empfohlen
Gabriele Stein 1) Fußnote ansehen
Finanzierungskosten, anteilige Abschreibungen und laufende Ausgaben bringen in den ersten Jahren rote Zahlen bei den Mieteinkünften. Übersteigt die Darlehensumme bei teilweise vermieteten Gebäuden jedoch die Anschaffungskosten machten es sich die Finanzämter bei der Aufteilung der abziehbaren Schuldzinsen bislang leicht: der Abzug erfolgte entsprechend der Kaufpreissumme nur anteilig. Der BFH hat mit Urteil v. 1. 3. 2005 - IX R 58/03 dieser Praxis nun einen Riegel vorgeschoben.
Aufteilung bei teilweiser Vermietung
Wer ein Haus teilweise selbst nutzt, teilweise aber auch vermietet, der kann die anfallenden Schuldzinsen entsprechend dem Umfang der Vermietung steuerlich berücksichtigen. Denn nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das bedeutet: Dient ein Gebäude nicht nur dem Erzielen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der (nicht steuerbaren) Selbstnutzung und werden die Darlehensmittel lediglich teilweise zur Einkünfteerzielung verwandt, so sind die für den Kredit entrichteten Zinsen nur anteilig als Werbungskosten abziehbar.
In dem vom BFH aktuell entschiedenen Fall erwarb der Kläger ein Wohn- und Praxisgebäude zum Kaufpreis von 449 000 DM. Der Kaufpreis entfiel zu 40 v. H. (179 000 DM) auf Räume, die als Arztpraxis vermietet wurden, und zu 60 v. H. (269 400 DM) auf den selbst bewohnten Gebäudeteil. Zur Finanzierung nahm der Steuerpflichtige drei Darlehen auf. Die Darlehen 2 und 3 über 200 000 DM bzw. 43 000 DM „ordnete” er ausschließlich dem privat genutzten Gebäudeteil zu, das Darlehen 1 über 206 000 DM überwiegend den Praxisräumen. Die Zinsen für das Darlehen 1 machte er in voller Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, während das Finanzamt lediglich einen Anteil von 40 v. H. berücksichtigte. Das FG Niedersachsen bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung mit der Begründung, dass die Darlehensumme von 206 000 DM die Anschaffungskosten für die Praxisräume deutlich übersteige. Das Darlehen müsse damit auch der Finanzierung der Wohnräume gedient haben, so dass keine eindeutige Zuordnungsentscheidung des Klägers gegeben sei.
Zuordnung der Darlehenszinsen
Der BFH geht davon aus, dass allein wegen der mangelnden Übereinstimmung von Darlehenssumme und Anschaffungskosten die Möglichkeit der Zuordnung eines Darlehens auf den der Einkunftserzielung dienenden Gebäudeteil nicht verneint werden darf. Hat der Käufer eines gemischt genutzten Grundstücks den zivilrechtlich einheitlichen Kaufpreis auf den selbstgenutzten und den vermieteten Gebäudeteil aufgeteilt, ist für die teilweise Zuordnung eines
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Darlehens auf den vermieteten Teil entscheidend, dass die auf diesen entfallenden Anschaffungskosten auch tatsächlich aus den Darlehensmitteln bezahlt worden sind.
Eigenkapital für die eigene Wohnung, Darlehen für vermietete Räume
Der Werbungskostenabzug setzt somit voraus, dass die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten dem Gebäudeteil gesondert zugeordnet und nachgewiesen werden. Hier empfiehlt sich eine strenge Kontentrennung. Das bedeutet: Von dem Schuldkonto werden lediglich die Aufwendungen für den vermieteten Teil überwiesen, während Aufwendungen für den selbstgenutzten Bereich über ein anderes Konto - ausgestattet mit Eigen- oder Fremdkapital - abgewickelt werden. Wird keine Kontentrennung praktiziert, bleibt nur eine Schätzung. Und diese kann leicht zum Nachteil des Investors gereichen, der schlussendlich die Beweislast trägt. Auch ist der im Darlehensvertrag angegebene Verwendungszweck oder die Absicherung des Darlehens für sich allein nicht entscheidend. Sie sind lediglich Beweisanzeichen, die zwar in die Gesamtwürdigung miteinzubeziehen sind, jedoch noch keinen zwingenden Schluss auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel zulassen.
Fazit
Ob der Kläger im Streitfall die auf die Praxisräume entfallenden Anschaffungskosten gesondert aus Darlehensmitteln gezahlt hat, prüft das FG Niedersachsen in einem zweiten Rechtsgang. Trifft dies zu, sind die auf den so verwendeten Teil des Darlehens entfallenden Zinsen (mit diesem Anteil) als Werbungskosten zu berücksichtigen. Hat der Erwerber hingegen den Gesamtbetrag des Darlehens ohne Aufgliederung in einem Betrag gezahlt, fehlt es an einer gesonderten Zuordnung. Konsequenz: Dann können die Zinsen – wie vom Finanzamt angenommen – lediglich in Höhe von 40 v. H. abgezogen werden.
Weiterführende Hinweise
Das Ergebnis der Entscheidung folgt aus der bisherigen Rechtsprechung zur Zuordnung von Finanzierungsmaßnahmen zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Gebäudeteilen mit unterschiedlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang.
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BFH, Urteil v. 1. 3. 2005 - IX R 58/03 KAAAB-54895
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FG Niedersachsen, Urteil v. 16. 9. 2003 - 1 K 10521/00 SAAAB-13963
Zum anteiligen Werbungskostenabzug von Kreditzinsen siehe auch
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BFH, Urteil v. 25. 3. 2003 - IX R 38/00 HAAAA-71575
1) Gabriele Stein, PwC Frankfurt
Fundstelle(n):
NWB direkt Heft 27/2005 Seite 5
NWB DokID: IAAAB-55726