Wenn ich als Schüler weiß, dass die Mathearbeit entweder am Mittwoch oder Donnerstag geschrieben wird, und mir das genaue Datum erst am Dienstag mitgeteilt wird, muß ich mich nicht doppelt vorbereiten.
Nicht alles, was hinkt, ist auch ein Vergleich. Manche Eigentümer mögen nicht jeden Abend zu hause sitzen und sich für mögliche Eigentümerversammlungen bereithalten. Die Unsicherheit, wann Termine stattfinden, zieht den üblichen Rattenschwanz an Folgen hinter sicher her: Arbeit, Kinder, andere Verpflichtungen. Sollte eine persönliche Teilnahme nicht möglich sein, stellt sich die Frage, ob und wie man sich vertreten lässt. Und weil womöglich nicht jeder Vertreter an beiden Terminen zur Verfügung steht (aus den o.g. Gründen), darf man das auch zweimal klären.
Noch dazu bestünde ja die Möglichkeit, dass der Verwalter noch weitere Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung nimmt. Man bereitet sich hier als nicht zweimal auf die gleiche Mathearbeit vor.
Analogie:
In § 75 VwGO steht: "Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, ..."
Das liest sich eindeutig.
Aber tatsächlich ist die Norm eben so auszulegen, dass die Klage auch vor dem Ablauf von 3 Monaten erhoben werden kann, wenn während der Anhängigkeit die 3-Monats-Frist abläuft.
Davon abgesehen, dass wir hier nicht im Verwaltungsrecht sind, ist die Situation hier anders. Und der Knaller ist: Ich habe darauf oben schon hingewiesen, noch bevor du mit Verwaltungsrecht angekommen bist:
Bei einseitigen Erklärungen wie z.B. der Einladung zu einer Eigentümerversammlung ist immer mindestens fraglich, ob sie unter Bedingungen abgegeben werden dürfen oder nicht der sog. Bedingungsfeindlichkeit unterliegen. Das gilt insbesondere in solchen Fällen, in denen der Empfänger der Erklärung gar keinen Einfluss darauf hat, ob die Bedingung eintritt.
Bei der Untätigkeitsklage ruht das Verfahren bis zum Fristablauf. Für das Gericht ist es also halbwegs egal, ob die Bedingung eintritt. Und für die Behörde gilt exakt das, was ich im zweiten Satz meines Zitats geschrieben habe: Ob die Klage geführt wird, hängt ausschließlich vom eigenen Verhalten der Behörde ab. Wenn sie das Verwaltungsverfahren nicht rechtzeitig abschließt, weiß sie, dass bereits Klage erhoben ist. Daher besteht die Unsicherheit nicht, die mit der Bedingungsfeindlichkeit ausgeräumt werden soll.
Die Situation für den Eigentümer ist dagegen völlig außerhalb seiner Kontrolle: Vielleicht reagiert der Verwalter plötzlich, vielleicht reagiert er mit etwas Verzögerung anders als erwartet, vielleicht reagiert er überhaupt nicht. Darin erkenne ich exakt die Situation, vor der der Empfänger einseitiger Erklärungen (wie der Einladung zur Eigentümerversammlung!) geschützt werden soll.
Außerdem darf man auch mal die Frage stellen, was die Alternativen wären: Man lässt die eigenmächtige Ladung weg und setzt dem Verwalter eine angemessene Frist für die Einladung zu einer außerordentlichen Versammlung. Zwei Wochen halte ich für angemessen, danach wartet man vielleicht noch drei Tage, um Postlaufzeiten abzudecken. Sollte der Verwalter nicht reagieren, halte ich es für völlig angemessen, wenn der Beirat dann einlädt, Frist 3 Wochen. Nach 5 Wochen und ein paar Tagen ist die Eigentümerversammlung über die Bühne, rechtssicher, ohne irgendwelche Vorschriften gedehnt zu haben. Stattdessen hat man nun nach 4 Wochen eine wacklige Versammlung durchgeführt und darf noch 1 Monat warten, ob Beschlüsse angefochten werden. Das ist ja irgendwie nicht so toll.
Oder man stellt sich mit viel Selbstvertrauen hin und nimmt an, dass das Vorgehen völlig in Ordnung war und man keine Anfechtung fürchten muss. Dann hätte man das Ergebnis, das man nach gut 5 Wochen hätte haben können, eben schon nach 4 Wochen erzielt. Ist es das wert?
Und zum Schluss stelle ich eine ganz diabolische Frage: Wie lange ist dieser Verwalter schon am Drücker? Wie lange war erkennbar, dass man mit diesem Verwalter nicht weitermachen will? Kommt es da wirklich auf 7-10 Tage an und muss man wirklich mit wilden Argumentationen das korrekte Vorgehen abkürzen? Oder wird hier nicht eher viel zu lange Untätigkeit durch überschießenden Aktionismus kompensiert?
Ihr seid alle erwachsen und könnt machen, was ihr wollt. Ich bin nur überhaupt kein Fan davon, sich Dinge schönzureden.